Wie kommt man denn von Oberbayern nach Graciosa?

Für manche kam unser Abschied aus Deutschland überraschend, für uns ist das nur unser Weg.

Als wir uns kennenlernten, hat der Steffen recht schnell gesagt: in Deutschland werde ich nicht alt, ich werde hier nicht mein Alter verbringen, ich werde hier nicht sterben.

Bei mir war es weniger dramatisch, ich sagte nur: ich habe einen Sohn und zwei Katzen.

So hat eben jeder sein Paket. Der Steffen hat in seinen Endzwanzigern, zwei Jahre in Namibia gelebt und war dort mit einem Freund mit einem Restaurant selbstständig. Dieses „nichtdeutsche“ Leben hat ihn beeindruckt und geprägt.
1994
Steffen, mit Jürgen und Maureen, vor dem gemeinsamen Restaurant in Swakopmund, Namibia

Natürlich war klar, dass wir den afrikanischen Kontinent zusammen bereisen wollen. Unsere erste gemeinsame Reise dorthin war dann auch gleich mit dem Rucksack nach Tansania und Mozambique.

Und weil wir bei allen, also wirklich allen unseren Reisen, uns auch immer vorstellen: wie ist es hier zu leben, was kann man hier arbeiten, kann man hier ein Haus bauen etc. war Tansania natürlich unser nächster Wunschlebensort.

Also haben wir zuhause Bewerbungen geschrieben, unter anderem auch als Elefantenführer in Thailand (ich weiß, ist kein afrikanisches Land) und der nächste Trip war dann eine Bewerbungsreise durch Südafrika, Namibia und Tansania. Es hätte wohl geklappt, jedoch gab es immer nur für einen von uns eine Arbeitsgenehmigung und das war nicht unser Ziel.

Also wieder weiter mit unserem deutschen Leben; hier haben wir uns 2008 zu einem Schnitt entschlossen und beide unsere Arbeitsstellen im gleichen Unternehmen gekündigt.

Der Steffen ging dann auf die Zugspitze um sich um die Gastronomie zu kümmern und ich machte meinen Wollladen in Murnau auf.

Das war eine gute Zeit, hier haben wir sehr gern gelebt und gearbeitet, mit der Zeit wurde dann aber auch immer mehr arbeiten und weniger leben draus.

Wir haben uns immer mehr gefragt ob Höher! Weiter! Schneller! weiterhin Bestandteil unseres Lebens sein soll.

Und dann kamen 2016 die Azoren ins Spiel. Durch einen Lissabon Aufenthalt, wollten wir unbedingt mehr von diesem sympathischen Land mit seinen tollen Leuten kennenlernen. Und von den Azoren waren und sind wir begeistert. Nach unserer Rückkehr hat der Steffen dann das gesamte Internet leergeschaut: Hier was kaufen? Da was mieten? Diese Insel? Oder doch die andere? Von was leben? Vielleicht gewinnen wir im Lotto?

2017/2018 haben wir dann die Quinta Perpetua von Theresa und Peter auf Graciosa entdeckt, haben Kontakt aufgenommen und sind seitdem in Verbindung geblieben.

2018 kam dann der nächste Azorenurlaub; drei sehr beindruckende Wochen auf São Jorge und von dort hatten wir die Möglichkeit nach Graciosa zu kommen und uns alle endlich kennenzulernen.
Oktober 2019
Wir haben uns Entschieden, Prost nach Graciosa

Die nächsten Wochen und Monate waren für uns sehr aufregend und aufreibend. Bis man wirklich mit so einer Entscheidung durch ist, lässt man ganz schön Federn.

Und so ziemlich genau vor einem Jahr hat der Steffen seine Arbeit gekündigt und ich den Strickpunkt zum Verkauf angeboten. Im Januar sind wir dann für eine Woche nach Graciosa geflogen, um die Übersiedlung von uns, bzw. von Theresa und Peter in die Wege zu leiten.

Also: Was? Wann? Wo?

Januar 2020
wir Vier bei der "Schlüsselübergabe"

Ab dann ging es rund: Umzugsunternehmen finden, Haushalt auflösen, noch ein paar Sachen für die Ferienhäuser besorgen, Laden verkaufen und übergeben, Verträge etc. kündigen usw. usw. Ein riesiger Berg an Arbeit und Entscheidungen.

Der Abflugtermin aus Deutschland war für den 07.04.20 geplant. Wir kamen von 100% Vollgas und dann kam Corona und wir wurden auf 0% abgebremst. Wir und die Katzen waren irgendwo und Graciosa war auf unbestimmte Zeit unerreichbar.
Unsere Heimatlosigkeit ging dann bis Mitte Juni
(wer mag, kann die Reise auf Instagram nachlesen)
und seitdem sind wir hier.

Wir und unsere jetzt drei Katzen haben es hier sehr gut getroffen, wir fühlen uns sauwohl und Ja! ich habe hier ein Zuhause. Das fragt mich nämlich immer der Steffen, und jetzt kann ich für uns sagen:
Wir sind angekommen, wir sind daheim!